Kirchenwahlen am 1. Dezember 2019


Ergebnisse der Kirchenwahl 2019 - Pressesprecher der Landeskirche


Landesbischof July: „Bleiben eine betende und gesellschaftlich engagierte Kirche“
Kirchenwahl bringt geänderte Mehrheitsverhältnisse in der Landessynode – Mehr als 400.000 Evangelische haben gewählt


Stuttgart. Mehr als 400.000 der knapp 1,8 Millionen Wahlberechtigten haben sich am Sonntag, 1. Dezember, an der Neuwahl der Kirchengemeinderäte und der württembergischen Landessynode beteiligt. Trotz einer deutlich geänderten Zusammensetzung der Synode sieht Landesbischof Dr. h.c. Frank Otfried July Kontinuität: „Wir werden eine betende und eine gesellschaftlich engagierte Kirche sein und bleiben.“
 
Er hatte sich zwar gewünscht, „dass nach der engagierten Wahlvorbereitung und viel persönlichem Einsatz noch mehr Menschen aus unserer Kirche zur Wahl gegangen wären“. Trotzdem haben „entgegen mancher Unkenrufe mehr als 400.000 Menschen ihre Stimme abgegeben“. Mit 22,92 Prozent fiel die Wahlbeteiligung um 1,4 Prozentpunkte niedriger als 2013.
 
Julys Dank galt sowohl allen Kandidatinnen und Kandidaten für Synode und Kirchengemeinderäte als auch den Wählern und den mehr als 10.000 ehrenamtlichen Wahlorganisatoren und -helfern in den Kirchengemeinden und Wahlkreisen.
 
60 der 90 Synodalen sind neu
 
Wahlleiter Christian Schuler wies darauf hin, dass von den 90 am Sonntag gewählten Mitgliedern der Landessynode 60 neu im Kirchenparlament sein werden. Von den 45 bisherigen Synodalen, die sich der Wiederwahl stellten, haben 30 den erneuten Einzug geschafft. Der Anteil der Frauen in der Synode beträgt 40 Prozent, der Altersdurchschnitt aller Synodalen liegt bei 51 Jahren; 16,7 Prozent der Gewählten sind jünger als 40 Jahre.
 
Jüngster Synodaler wird Michael S. Klein (Jahrgang 1998) aus dem Wahlkreis 5 (Esslingen/Bernhausen) sein; Alterspräsidentin ist Hannelore Jessen (Jahrgang 1950) aus dem Wahlkreis 10 (Weinsberg/Neuenstadt/Öhringen).
 
Zwei Gesprächskreise sind gleich stark
 
In der 16. Landessynode werden wie in der Vorgänger-Synode vier Gesprächskreise vertreten sein – allerdings mit deutlich veränderter Zusammensetzung: Die „Lebendige Gemeinde“, bislang mit großem Abstand stärkste Kraft, muss acht Mandate abgeben und kommt noch auf 31 Sitze.
 
Damit ist sie zahlenmäßig gleich mit der „Offenen Kirche“, die ebenfalls auf 31 Sitze kommt und im Vergleich zur Wahl 2013 einen hinzugewonnen hat. „Evangelium und Kirche“ legte um ein Mandat auf 16 zu und ist damit drittstärkste Kraft. „Kirche für morgen“ bleibt zwar der kleinste Gesprächskreis in der Synode, konnte die Zahl ihrer Mandatsträger aber mehr als verdoppeln: Statt mit fünf ist sie nun mit zwölf Synodalen vertreten.
 
Die Reaktion der „Lebendigen Gemeinde“
 
Entsprechend unterschiedlich fallen die Reaktionen der Gesprächskreise aus. Der Nagolder Dekan Ralf Albrecht als Vorsitzender der „Lebendigen Gemeinde“ zeigte sich enttäuscht. Es schmerze, „dass einige großartige und verdienstvolle Kandidaten zum Teil sehr überraschend nicht oder nicht wieder gewählt wurden“. Beispielsweise hat der Vorsitzende des synodalen Finanzausschusses, Michael Fritz, den Wiedereinzug verfehlt. Andererseits, so Ralf Albrecht, bleibe die Lebendige Gemeinde weiterhin eine starke Kraft im Kirchenparlament. Der stellvertretende Vorsitzende, Pfarrer Steffen Kern aus Tübingen gewinnt den veränderten Mehrheitsverhältnissen auch etwas Positives ab: „Jetzt sind wir noch mehr aufeinander angewiesen in der Synode. Es kommt darauf an, dass wir noch mehr das Gespräch suchen und noch mehr umeinander ringen.“
 
So schätzt „Offene Kirche“ die Wahl ein
 
Der Gesprächskreis „Offene Kirche“ bietet in seiner ersten Reaktion eine „konstruktive Zusammenarbeit mit den anderen Gesprächskreisen“ an. Ihre Vertreter Erika Schlatter-Ernst, Dieter Hödl und Martin Plümicke bezeichnen das Wahlergebnis als „sensationell“. Erstmals in der Geschichte der württembergischen Landeskirche sei die „Vormachtstellung“ der Lebendigen Gemeinde gebrochen. Als Ziele der „Offenen Kirche“ nennen sie unter anderem eine verpflichtende Klimaneutralität der Landeskirche und ihrer Gemeinden bis zum Jahr 2035, die Rücknahme von Stellen- und Finanzkürzungen für Tätigkeiten im gesellschaftlichen Bereich sowie den Einsatz kirchlicher Mittel im sozialen Wohnungsbau. Ein weiteres Anliegen sei die kirchliche Trauung für alle.
 
Das Statement von „Evangelium und Kirche“
 
Gestärkt fühlt sich auch der Gesprächskreis „Evangelium und Kirche“ – und zwar nicht nur durch den einen hinzugewonnenen Sitz: Im Süden der württembergischen Landeskirche sei „Evangelium und Kirche“ die einzige Gruppierung, „die flächendeckend Sitze in der Landessynode gewonnen hat. Als Gesprächskreis-Vorsitzender äußerte sich der Ulmer Dekan Ernst-Wilhelm Gohl: „In Zeiten zunehmender gesellschaftlicher und kirchlicher Polarisierung haben wir Positionen des Ausgleichs und der Integration gesetzt.“ Als bedauerlich bezeichnet Gohl, „dass im Wahlkampf „stellenweise deutlich populistische Töne angeschlagen wurden und Kandidaten anderer Gruppen die Kirche schlechtgeredet haben“. Die Synodalen von Evangelium und Kirche ziehen nach Gohls Worten „mit Gottvertrauen und fröhlicher Zuversicht“ in die neue Synode ein; man freue sich auf lebhafte Debatten und ernsthafte Auseinandersetzungen.
 
Die Wahlbilanz von „Kirche für morgen“
 
Unterdessen sieht sich der Gesprächskreis „Kirche für morgen“ als „klarer Wahlsieger“. Man ziehe nicht nur mit mehr als doppelter Stärke in die neue Synode ein. Sondern „zum ersten Mal wurden zwei Pfarrer für Kirche für morgen in die Synode gewählt und wir sind dankbar, dass wir auch mit drei Frauen vertreten sind“, sagte der Gesprächskreis-Vorsitzende, Pfarrer Dr. Jens Schnabel aus Sindelfingen. Man brauche „dringend ganz neue Formen von Kirche, um Menschen aus allen Lebenswelten, Generationen und gesellschaftlichen Schichten einen Zugang zum Glauben zu ermöglichen“, so Schnabel weiter. „Dafür wollen wir zehn Prozent aller Ressourcen in Innovationen investieren, mehr Bildung ermöglichen und die kirchlichen Berufsbilder und Ausbildungswege neu überdenken.
 
Der Stimmenkönig
 
„Stimmenkönig“ – also der Kandidat mit der höchsten Stimmenzahl – wurde am Sonntag der Stuttgarter Stiftskirchen-Pfarrer Matthias Vosseler: Für ihn votierten 18.717 Wählerinnen und Wähler. Auf Platz zwei folgt der Bad Cannstatter Dekan Eckart Schultz-Berg (16.418 Stimmen). Platz drei ging an Anja Holland aus dem Wahlkreis 20 (Calw-Nagold, Neuenbürg): Mit 15.977 Stimmen ist sie zugleich die bestplatzierte Laien-Kandidatin.
 
So geht es weiter
 
Die Mitglieder der 16. Landessynode treffen sich am 15. Februar 2020 im Hospitalhof in Stuttgart zu ihrer konstituierenden Sitzung. Erste reguläre Tagung ist die Sommersitzung vom 2. bis zum 4. Juli. Die Amtszeit der Synode beträgt sechs Jahre.
 
 
 
Oliver Hoesch
Sprecher der Landeskirche

 


Informationen zur Wahl erhalten Sie auch auf www.kirchenwahl.de

 

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